Bei vielen «klingelt» es erst, wenn sie bei den zusätzlichen Vornamen auf «Urs» stossen: Gottfried Schenker war gebürtiger Schweizer aus Däniken bei Olten. Er ging nach Wien, gründete eine Donau-, später auch eine Adria-Dampfschifffahrts-Gesellschaft. 1872 entstand Schenker & Co. In 2022 ist das 150 Jahre her.
Seine Biographie ist entschieden mehr, als einfach nur «interessant». Offiziellen Quellen (Nationalarchiven) zufolge besuchte er die «Normalschule» in Däniken, wechselte in die Kantonsschule Aarau (Abitur 1860) und begann 1861 in Heidelberg ein Rechtsstudium. Nach dem Abbruch des Studiums 1865 wegen Konkurs der väterlichen Schlosserei nahm S. die Stelle eines Beamten bei der Schweizerischen Centralbahn an. 1866 wechselte er zur Firma «F. Braff & Eckert», der Agentur der franz. Ostbahn, wo er mit dem Tarifwesen befasst war. 1867 erhielt er die Leitung der in Wien gegründeten Filiale, wo er seine Tätigkeit auf die Getreideimporte Frankreichs aus Österreich-Ungarn konzentrierte. 1868 wechselte er zur Hamburger Speditionsfirma «Elkan & Co.» und übernahm deren Agentur in Wien. 1869 kurzzeitig selbständig tätig, arbeitete er seit 1871 für das Speditionsunternehmen «Rappaport & Kann» als Fachmann für das Tarifwesen.
Fotos: DB Schenker
1872 gründete Schenker im Herzen der seinerzeitigen Donaumonarchie, die damals über Triest auch noch über einen Anschluss an die Weltmeere verfügte, gemeinsam mit Moritz Karpeles und Moritz Hirsch «Schenker & Co.»
1873 führte er in seinem Unternehmen den Bahnsammelverkehr ein (1873 erster Bahnsammelgutverkehr Paris-Wien). Das Zusammenfassen von Kleinsendungen zu grösseren Einheiten war eine der grossen Neuerungen im Speditionsgewerbe|zur günstigeren Preisgestaltung und rascheren Abwicklung der Transporte unter Ausnutzung von Schiene, Strasse und Wasserwegen. Zwei Jahre nach der Gründung der Spedition wurden in Budapest, Bukarest, Prag und London die ersten Niederlassungen errichtet, deren Zahl sich bis zu Schenkers Tod im Jahr 1901 auf 33 erhöhen sollte; bereits 1880 erwarb er im Zuge der Gründung der «Adria Dampfschiffahrts-Gesellschaft» eine Beteiligung an der «Schiffahrts-Gesellschaft Austro-Americana», die die regelmässige Verbindung zwischen Amerika und Triest herstellen sollte.
Schenker-Schiff der «Austro-Americana»
Die Linie betrieb zunächst vier, bis 1898 elf Schiffe. Im nahezu jährlichen Takt wurden die vertraglichen Verbindungen mit den wichtigsten Eisenbahn- und Schiffahrtslinien Europas und der USA ausgeweitet. Nach dem Ankauf von 60 Eisenbahnwaggons war «Schenker & Co.» 1891 die einzige europ. Speditionsfirma, die von London bis Konstantinopel Eisenbahnfrachten zu durchgehend kalkulierten und verbindlich geltenden Tarifen anbieten konnte. Eine wesentliche und innovative Ausweitung des Dienstleistungssektors erfolgte mit der Etablierung eigener Reisebüros seit 1890, die mit der Ernennung von «Schenker & Co.» zum offiziellen Spediteur für die verschiedenen Weltausstellungen zusammenhing.
Seit 1896 österreichischer Staatsbürger, war Schenker in seinem letzten Lebensjahr von fortschreitender Krankheit gezeichnet. Nachfolger im Unternehmen, das inzwischen in nahezu allen europäischen Staaten vertreten war und in vielen Marktführer war, wurde der 1896 adoptierte und mit einer Nichte seiner Frau verheiratete Jurist August Schenker-Angerer. 1928 wurde die Zentrale nach Wien verlegt, 1931 erfolgte die Übernahme durch die Deutsche Reichsbahn.
Nach dem Wiederaufbau nach Enteignung und Verlust zahlreicher Niederlassungen im 2. Weltkrieg mit weiterer Internationalisierung und Intensivierung der Luftfracht (1947 beispielsweise die Gründung eines Tochterunternehmens in den USA) und Ausdehnung auf den asiatischen Markt (Gründung einer eigenen Gesellschaft in Hong Kong 1966), dreimaliger Nominierung zum offiziellen Fracht-Dienstleister der Olympischen Spiele (München 1972, Sydney 2000 und Salt Lake City 2002) wurden die Anteile der Deutschen Bahn an Schenker durch die Stinnes AG übernommen und das Unternehmen umstrukturiert.
Die 1997 gegründete «Schenker AG» mit den Geschäftsbereichen «Schenker Logistics», «Schenker International», «Schenker Eurocargo» firmiert nach der Übernahme der schwed. «BTL AB, Göteborg» (1999) als heute grösster europäischer Transport- und Logistikanbieter nach der Zusammenführung von «Schenker-BTL AG» und der «Schenker International Deutschland GmbH» zur «Schenker Deutschland AG».
Die zählt heute mit mehr als 74500 Mitarbeitenden an über 2100 Standorten in über 130 Ländern zu den führenden Logistikdienstleistern weltweit. Schenker hielt zeitweise auch Anteile an der BLS Cargo.
Zum Jahresanfang fällt der Startschuss für ein Jubiläumsjahr mit einer Vielzahl an Aktionen für die Mitarbeitenden und die Öffentlichkeit. Mit Hilfe einer eigens für die Aktion konzipierten Smartphone-App können die Mitarbeitenden ihre Schritte zählen und weitere individuelle Sportaktivitäten messen.
Für alle gezählten sportlichen Leistungen spendet DB Schenker an gemeinnützige Organisationen, die sich im Sinne des Engagements von DB Schenker für die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung einsetzen. Im ersten Quartal des Jahres gehen alle gesammelten Spenden an die Umweltschutzorganisation WeForest, die damit Baumpflanzungen, Waldschutz und weitere lokale Nachhaltigkeitsprojekte in Brasilien und Äthiopien unterstützt. Im Laufe des Jahres will DB Schenker an weitere Wohltätigkeitsprojekte zum Schutz der Meere und der Luft sowie an soziale Initiativen spenden.
Informationen rund um das Jubiläumsjahr
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- Geschrieben von: Klaus Koch